Das deutsche Gesundheitswesen: So kann es weitergehen
Der technische und wissenschaftliche Fortschritt im Zeitalter der digitalen Revolution sowie der demografische Wandel sind die bestimmenden Faktoren für die weitere Entwicklung des deutschen Gesundheitssystems. Das führt sofort zu der Frage, wie das heute noch alten Traditionen verpflichtete deutsche Gesundheitswesen sinnvoll und im Konsens zwischen Allgemeinheit, Leistungsträgern und Patienten weiter entwickelt werden kann.
Nur Gerechtigkeit schafft Solidarität
Ein funktionierendes, von allen Beteiligten akzeptiertes Gesundheitswesen stützt sich vor allem auf einen starken Solidaritätsgedanken. Welchen Grad an Solidarität die Bürger jedoch zeigen, hängt ganz wesentlich davon ab, wie gerecht sie das Gesundheitswesen empfinden. Gerechtigkeit im Gesundheitswesen bedeutet konkret, dass die gesundheitliche Versorgung der Bürger sich ohne Ansehen der Person oder seiner materiellen Beiträge zum Gesundheitswesen am medizinisch notwendigen Bedarf orientiert. Gleichzeitig muss die gleichrangige Teilhabe Aller am medizinischen Fortschritt gewährleistet sein. Da der soziale Gedanke tief im deutschen Gesundheitswesen verankert ist, ist deshalb nur eine Gesundheitspolitik konsensfähig, die allen Bürgern unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen einen gerechten Zugang zu allen Leistungen der Gesundheitsversorgung gewährt.
Gesellschaftlicher Wandel fordert neue Leistungen in neuer Qualität
Hinsichtlich der Qualität der Leistungen muss das Gesundheitswesen ebenfalls auf die Folgen zukünftiger Veränderungen der demografischen Zusammensetzung der Bevölkerung reagieren. Diese Veränderungen äußern sich in einer Verschiebung der Nachfrage zugunsten von medizinischen Leistungen, die das Altern betreffen oder bei denen gealterte Patienten vulnerabler sind, wie bei mancher neuartiger Infektion. Nur auf den ersten Blick geht es dann ausschließlich um die Diagnose und Behandlung chronischer und psychischer Erkrankungen. Das wachsende Verständnis für die Alterungsprozesse hat zur Folge, dass Menschen aller Altersgruppen sich möglichst rechtzeitig vor dem allzu frühen Eintritt altersbedingter Krankheiten und vor für sie besonders hohen Risiken schützen wollen. Schon heute kann man einen klaren Trend erkennen, dass Prävention zum Beispiel mithilfe der Zytogenetik schon bei Ungeborenen im Mutterleib eine immer größere Rolle spielt.
Finanzierung des Gesundheitswesens optimieren
Um mit dieser qualitativen Zielsetzung die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens zu erhalten, muss es einerseits unter Kostengesichtspunkten effizient arbeiten, jedoch andererseits von der Allgemeinheit auch eine ausreichende Finanzierung zur Deckung der Kosten fordern. Und auch hier zeichnen sich durch die demografischen Veränderungen neue Notwendigkeiten zur Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens ab. Einerseits ruft eine ältere Bevölkerung verstärkt Leistungen ab, was die Kosten des Gesundheitswesens erhöht. Gleichzeitig gibt es jedoch immer weniger Beitragszahler, die in Zukunft zur Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens ihre Beiträge leisten. Das senkt seine Einnahmen. Um diesem Dilemma zu entkommen, muss eine zukunftsfeste Gesundheitspolitik deshalb – nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit – einerseits für eine maßvolle Kostenentwicklung sorgen und andererseits die Einnahmesituation des Gesundheitswesens sichern.